Postal Services
Normung

Postalische Dienstleistungen

Postalische Dienstleistungen sind für zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher essentiell. Vom Paket, in dem die letzte Onlinebestellung ankommt, über Briefpost mit wichtigen Nachrichten der öffentlichen Verwaltung bis hin zu Postkarten mit den Urlaubsgrüßen lieber Verwandter und Freunde. Die vielseitigen postalischen Dienstleistungen sind aus dem Alltag kaum wegzudenken. Die Sicherstellung  eines funktionierenden Post-Systems samt der dazugehörigen Infrastruktur in einer qualitätvollen Art und Weise war schon vor knapp 30 Jahren Anlass für den europäischen Gesetzgeber den sogenannten Universaldienst zu definieren und  im europäischen Recht zu verankern, um  die flächendeckende, zeitnahe und erschwingliche Versorgung der Bevölkerung mit postalischen  Dienstleistungen zu gewährleisten.

Als zentrale rechtliche Grundlagen auf europäischer Ebene dienen dazu die Postal Services Directive[1], sowie die Cross Border Payment Regulation[2], welche die reibungslose Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten hinsichtlich postalischer Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt unterstützen sollen. Begleitet wurden diese Rechtsakte am 18. Jänner 2023 von einem Standardisation Request[3] der Europäischen Kommission, der die europäischen Normungsorganisationen auffordert, europäische Normen zum Thema Verbesserung und Qualität von Post-Dienstleistungen und -Services zu adaptieren und auszuarbeiten. Im Besonderen umfasst dieses Normungsprojekt rundum Verbesserung und Qualitätssicherung von Postdienstleistungen folgende sieben Einzelprojekte, die bis 2027 umgesetzt werden sollen:

  1. Die Harmonisierung der „Track and Trace Events“.
  2. Den Einsatz von Technologie zur Verfolgung von Postsendungen.
  3. Die Digitalisierung der Postverkehrspapiere.
  4. Die digitale Identifikation der Postbetreiber.
  5. Lösungen für effektive und umweltschonende Lieferungen.
  6. Entwicklung einer Methode zur Berechnung und Berichterstattung der Umweltauswirkungen (etwa Treibhausgase und andere Emissionen)
  7. Die sichere und kontaktlose Lieferung von Postsendungen.

Aufgrund der grundlegenden Bedeutung postalischer Dienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher, hat die Fachstelle im Einvernehmen mit dem Ausschuss für Verbraucherangelegenheiten von Austrian Standards 2025[4] einen Schwerpunkt in ihrer Arbeit auf das Thema Postdienste gelegt und darf im Namen von ANEC seit Ende 2024 die Interessen der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher in der Postnormung vertreten. Im Zuge dessen beteiligte sich die Fachstelle an der Er- und Überarbeitung folgender Normen:

[1] RL 97/67/EG des Parlaments und des Rates v 15.12.1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstqualität, ABl L 1998/15.

[2] RL (EU) 2015/2366 des Parlaments und des Rates v 25.11.2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG, Abl L 2015/337.

[3] M / 590

[4] Sitzung des APR Verbraucherangelegenheiten 23. Oktober 2024

NWIP TS Harmonized track and trace events – Part 2: Return flow

  • Track & Trace-Dienste liefern sowohl den ursprünglichen Empfängern als auch den Händlern Informationen über den Status ihrer zurückgesendeten Bestellung.
  • wichtig ist es, ein Mindestmaß an Fortschrittsberichten (Ereignissen) bereitzustellen.
  • definiert Phasen: erfolglose Zustellung/Rücksendung an den Absender/Service für Empfänger, um eine erhaltene Sendung zurückzusenden

Relevante Inhalte aus verbraucherrechtlicher Perspektive

Ergänzung der Definition von „erfolgloser Zustellung“ um einige Mindestanforderungen, damit eine Zustellung als „erfolglos“ gilt. Dies könnte etwa sein, dass eine Benachrichtigung über einen erfolglosen Zustellversuch mit der Möglichkeit, entweder einen zweiten Versuch zu vereinbaren oder das Paket an ein Postfach oder eine Paketannahmestelle umzuleiten erfolgen soll. Zudem wäre die Festlegung einer mindesten Hinterlegungsdauer, in der Empfängerinnen und Empfänger auch die Möglichkeit haben, die Postsendung abzuholen, ein zentraler Inhalt aus der Perspektive von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Zudem wird an Maßnahmen gearbeitet, die die einfache Handhabung des Track & Trace-Systems bei gleichzeitiger Gewährleistung von mehr Sicherheit (insbesondere auch gegen Betrug) gewährleisten soll.

Die Bearbeitung des Themas erfolgt im Rahmen von CEN TC 331 Arbeitsgruppe 3 „Physische Verarbeitungskette und zugehörige Daten“

NWIP Methods for proof of delivery of postal items to replace the physical signature

Ziel ist es, neue Zustelloptionen zu fördern, bei denen die Empfängerinnen und Empfänger zum Zeitpunkt der Zustellung nicht anwesend sein müssen und die gleichzeitig so sicher und vertrauenswürdig sind wie physische Unterschriften.

Relevante Inhalte aus verbraucherrechtlicher Perspektive

Aus unserer Perspektive wäre es für eine praktikable Umsetzung sinnvoll, wenn zwischen einem einfachen Liefernachweis (um zu wissen, dass das Paket angekommen ist oder abgeholt wurde) und jenen Fällen, in denen eine Unterschrift oder Identifizierung des Empfängers erforderlich ist, um die vertraglichen Verpflichtungen des gewählten Dienstes erfüllen zu können, unterschieden wird. Zudem wäre ein Augenmerk darauf zu legen, dass bestmöglich vermieden werden sollte dass Verbraucherinnen und Verbraucher gezwungen sind, eine bestimmte App oder Software herunterzuladen um den Service in Anspruch nehmen zu können, da dies oft eine Hürde für Verbraucher darstellt. Zudem stellt die Verwendung biometrischer Daten zur Identifizierung immer ein Risiko des Verlusts oder der missbräuchlichen Verwendung kritischer Daten etwa in Folge eines böswilligen Cyberangriffs dar, was ein hohes Schadensrisiko für die Verbraucher mit sich bringen könnte.

Die Bearbeitung des Themas erfolgt im Rahmen von CEN/TC 331 Arbeitsgruppe 1 „Kunden, Produkte und Dienstleistungen“

Barrierefreiheit von Briefkästen und Abholstationen

Im Bereich von Briefkästen und Abholstationen sind derzeit zwei Projekte aktiv, an denen sich die Fachstelle beteiligt. Dies ist das europäische Projekt „Postfächer – Paketboxen für den Endverbraucher – Technische Merkmale“, welches sich der nutzerfreundlichen Gestaltung privater Briefkästen in Ein- und Mehrfamilienhäusern widmet. Unser Ziel ist es dabei, die Barrierefreiheit von Briefkästen zu verbessern und damit für alle Menschen einen unabhängigen Zugang zu Postdienstleistungen zu schaffen.

Auf internationaler Ebene wurde bei ISO ein neues Normungsprojekt unter dem Titel „Allgemeine Anforderungen und Qualitätsprüfungsverfahren für unbemannte Paketschließfächer“ begonnen. Es widmet sich der Festlegung einheitlicher Qualitätskriterien für Abholstationen, die ohne Servicepersonal betrieben werden. Über das nationale Spiegelkomitee 228 „Dienstleistungen im Transportwesen“ konnte die Fachstelle bereits Kommentare zu diesem Projekt bei ISO einbringen. Ein großes Anliegen ist uns dabei, dass die hier behandelten Abholstationen barrierefrei zugänglich und nutzbar sind. Durch entsprechende Anforderungen an zum Beispiel die Türen der einzelnen Abholboxen, die Bedienung und Abmessungen der Selbstbedienungsterminals oder individuelle Zustelloptionen an bestimmte Abholboxen, soll die Teilhabe und Zugänglichkeit dieser Leistungen für alle Verbraucherinnen und Verbraucher, insbesondere Menschen mit Behinderungen, sichergestellt werden.

Die Bearbeitung des Themas erfolgt im Rahmen von CEN/TC 331 Arbeitsgruppe 5 „Ausstattung der Endempfänger“ und im ISO-Spiegelkomitee 228 „Dienstleistungen im Transportwesen“ bei Austrian Standards.

Dieser Einblick in die Normung rundum postalische Dienstleistungen zeigt: Die Vielschichtigkeit, in der der Postbereich in diesen Normungsprojekten behandelt wird, steht für eine bedeutende Zukunft des Universaldienstleisters im europäischen Binnenmarkt. Daher lohnt sich ein Blick in die Zukunft:

Zukunftsausblick

Da die rechtlichen Grundlagen der Postdienste schon einige Zeit zurückliegen und sich auch der Markt von postalischen Dienstleistungen verändert hat werden die Stimmen lauter, die eine Überarbeitung der europäischen Rechtsakte fordern. Ein großes Argument dabei ist die Veränderung des Marktes: Während die klassische Briefpost in allen europäischen Mitgliedsstaaten einen signifikanten Rückgang erlebt, verzeichnen Paketsendungen einen drastischen Anstieg.

Doch auch dabei sollte die Vulnerabilität von Verbraucherinnen und Verbrauchern mitgedacht werden. Diese kann mehr oder weniger offensichtlich sein. So liegt auf der Hand, dass ein besonderes Augenmerk daraufgelegt werden muss, dass alle Verbraucherinnen und Verbraucher einen entsprechenden Zugang zu postalischen Dienstleistungen beibehalten, was sich unter anderem in unserem Engagement zur Barrierefreiheit von Postdiensten widerspiegelt. Es sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, dass gerade im Bereich der Postdienste auch etwa jene Verbraucherinnen und Verbraucher besonders vulnerabel sind, die in strukturschwachen Gegenden leben, da eine Zustellung – sei es von Briefen oder Pakten – in abgelegenen Gegenden selten wirtschaftlich rentabel ist.

Diese Ansicht wurde auch durch eine von ANEC in Zusammenarbeit mit der Universität Den Haag in Auftrag gegebene Forschungsarbeit bestätigt, in der vorgeschlagen wird, eine neue Definition von vulnerablen Konsumentinnen und Konsumenten zu erarbeiten, die natürliche Personen berücksichtigt, die aufgrund körperlicher oder geistiger Behinderungen, geografischer Zugangsbarrieren, digitalem Analphabetismus oder fehlender finanzieller Mittel vorübergehend oder dauerhaft daran gehindert sind, die Dienste des Postmarktes in vollem Umfang zu nutzen. Die Studie im Original ist unter folgenden Link abrufbar:

https://anec.eu/images/Publications/technical-studies/2025/ANEC-TS-2025-SERV-003.pdf

Hinsichtlich der Zukunft des Postmarkts hat die Europäische Kommission darüber hinaus eine Studie beauftragt, die mögliche Zukunftsszenarien für den Bereich postalischer Dienstleistungen aufzeigen sollte. Diese ist Ende 2024 erschienen und zeigt auf, wohin sich der Markt und unser aller Umgang mit postalischen Dienstleistungen entwickeln könnte. Die Studie ist unter folgendem Link abrufbar:

https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/c518ad7f-a722-11ef-85f0-01aa75ed71a1/language-en

Eine zeitnahe Novellierung der entsprechenden Rechtsgrundlagen scheint daher wahrscheinlich.

Die Positionierung der Fachstelle zusammen mit ANEC im Rahmen einer solchen Überarbeitung ist klar: Der Universaldienst sollte als Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit qualitätvollen und erschwinglichen Postdienstleistungen sowie zur Beibehaltung dieser funktionierenden Infrastruktur jedenfalls erhalten bleiben. Dies haben wir auch im Rahmen der Konsultationsprozesse auf Europäischer Ebene – wie etwa zum Report der Post-Regulierungsbehörden – bekräftigt.

Das entsprechende Positionspapier von ANEC ist unter folgendem Link abrufbar:

https://www.anec.eu/images/Publications/position-papers/Services/ANEC-SERV-2025-G-027.pdf